Zum Hauptinhalt springen

Vorbemerkungen

1.1 Ausgangslage und Aufgabenstellung

Mechernich ist mit rund 27.400 Einwohnern die zweitgrößte Stadt im Kreis Euskirchen. Sie befindet sich im Süden von Nordrhein-Westfalen im Naturpark Nordeifel und stellt ein Tor zum Nationalpark Eifel dar. Im Bildungsbereich und in der medizinischen Vorsorge erfüllt die ehemalige Bergbaustadt wichtige Funktionen für die Region Nordeifel. Dazu trägt auch die gute Erreichbarkeit bei. So ist die Kernstadt über ein gut ausgebautes Straßennetz, aber auch über einen attraktiven Schienenverkehrshaltepunkt (DB-Strecke Köln – Trier) regional angebunden.

Trotz der insgesamt guten Rahmenbedingungen weist der Innenstadtbereich städtebauliche Defizite und wenig genutzte bzw. ungenutzte Potenziale auf. Ebenso wie viele andere Städte steht auch Mechernich vor den Herausforderungen des Strukturwandels (vor allem im Einzelhandel), des demographischen Wandels sowie laufender Veränderungen im Mobilitätsverhalten, auf die angemessen reagiert werden muss. Im Prozess des Integrierten Handlungskonzeptes (InHK) sollen bestehende Mängel erkannt, analysiert und nachhaltig behoben werden. Besonderes Augenmerk wird dabei auf folgende bekannte städtebauliche wie auch wirtschaftliche Defizite gelegt:

  • Die unzureichende und veraltete Gestaltung öffentlicher Räume verursacht eine geringe Aufenthaltsqualität und somit sinkende soziale Aktivität sowie ein unattraktives Stadtbild.
  • Die Verkehrsbelastung an vielen Stellen trägt zur Schmälerung der Aufenthaltsqualität bei und schränkt den nichtmotorisierten Verkehr stark ein.
  • Durch die Konkurrenz des Online-Handels und der nichtintegrierten Standorte sinkt die Kundschaft des stationären Einzelhandels im zentralen Versorgungsbereich kontinuierlich, was zu Leerstandproblemen und dadurch entstehenden städtebaulichen und nutzungsstrukturellen Mängeln führt.

Zur Erarbeitung und Formulierung nachhaltiger integrierter Lösungsansätze in Form städtebaulicher Entwicklungsziele und Leitbilder, aber auch konkreter Maßnahmenpakete, ist eine Gesamtbetrachtung aller Handlungsfelder sowie deren Wechselwirkungen notwendig. Mit dem InHK als ganzheitliches Steuerungs- und Koordinierungsinstrument ist es das planerische Ziel des Prozesses, die Funktion der Innenstadt als solche zu stärken und zu reaktivieren, die öffentlichen Räume neu zu qualifizieren und attraktivieren sowie das Stadtmarketing zukunftsorientiert und modern auszurichten. Der Untersuchungsraum des InHK umfasst dabei schwerpunktmäßig den erweiterten Hauptgeschäftsbereich des Zentralortes unter Berücksichtigung der vorhandenen Verknüpfungen und Abhängigkeiten mit den umliegenden Quartieren und Stadträumen.

 

Das nebenstehend abgebildete Prozessdiagramm stellt in Stichworten den Ablauf und die Bausteine des Integrierten Handlungskonzeptes dar, dessen planerische Methodik Grundlage für den gesamten Planungs- und Realisierungszeitraum ist. Zwecks einer umfassenden und kooperierenden Erarbeitung des Konzeptes sowie lückenlosen Herausstellung der Handlungsbedarfe wurden neben der Bildung einer Lenkungsgruppe aus Stadtverwaltung und Planungsbüro auch die Bürger, private und öffentliche Akteure und Betroffene der Stadt Mechernich am Planungsprozess beteiligt. Im November 2019 sowie Januar 2020 wurden die Meinungen sowie Wünsche und Anregungen aus der Bevölkerung im Rahmen eines Informations- und Beteiligungsstands bzw. einer Bürgerwerkstatt angehört und gesammelt, um die zukünftige Entwicklung mit Prioritäten und gemeinsamen Zielen, Bedürfnissen und Notwendigkeiten abzustecken und einzuleiten.

Basierend auf einer soliden Bestandsanalyse und einem möglichst breiten Meinungsbild aller betroffenen Akteure ist es die Aufgabe des InHK, gemeinsam getragene Zielvorstellungen und Maßnahmen zu formulieren und eine Vielzahl an Handlungsfeldern zu berücksichtigen. Dabei ist immer die Umsetzung der Maßnahmen das Ziel, welche schließlich aus der Analyse heraus nachhaltig und passgenau erfolgt. Daher sind Realisierungs- und Finanzierungswege entscheidende Punkte im Gesamtkonzept, die es zu ebnen gilt.
Das InHK ist kein abgeschlossenes Gutachten, sondern soll den Beginn eines interaktiven Prozesses darstellen, der mit Beteiligung aller örtlichen Akteure und unter Einbindung weiterer Ergebnisse fortzuführen, anzupassen und weiter auszugestalten ist.

1.2 Bürger- und Akteursbeteiligung

Die Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger sowie Akteure der lokalen Vereine, Interessengemeinschaften, Wirtschaft, etc. stellt einen zentralen Baustein eines integrierten, zielgerichteten und transparent gestalteten Planungsprozess dar. Durch den breiten Dialog mit den Bürgern werden die Sichtweisen, Standpunkte und Bedürfnisse derer, die vor Ort leben, herausgearbeitet. Dies unterstützt zusätzlich eine solide, zukunftsfähige und abgestimmte Planung. Zudem wird die Akzeptanz der Bürger für die umzusetzenden Maßnahmen gefestigt, da diese durch die Teilnahme an den Beteiligungsmöglichkeiten beeinflusst und Prioritäten herausgestellt werden können. Im Rahmen des InHKs Mechernich wurden bisher zwei Bürgerbeteiligungen durchgeführt. Die ausführlichen Dokumentationen aller Veranstaltungen befinden sich im Anhang.
 

Marktstand

Am 08.11.2019 fand die erste Bürgerbeteiligung in Form eines Marktstandes statt. Von 09:00 bis 13:00 Uhr standen Mitarbeiter der Stadt sowie der Planungsgruppe MWM mit einem Informations- und Beteiligungsstand auf dem Mechernicher Wochenmarkt bereit. Interessierte Bürger konnten dort Informationen einholen, Fragen stellen und erste Anregungen und Vorschläge äußern. Zudem wurden von den Bürgern wahrgenommene Stärken und Schwächen zusammengetragen. Es wurde ein erster Dialog zwischen den Akteuren eröffnet. Umgesetzt wurde dies am Marktstand mithilfe von Moderationskarten, auf denen die eingebrachten Punkte dokumentiert wurden. Sie wurden an einer Pinnwand gesammelt, so dass jeder Interessierte sich einen Überblick über die bereits genannten Inhalte verschaffen konnte.

Die Möglichkeit des Dialoges mit den Fachleuten und den Vertretern der Stadt wurde von den Bürgern gut angenommen, was das Interesse an einem gemeinsamen Fortgang des Prozesses deutlich macht. Insgesamt kamen ca. 50 Anregungen zusammen, die in die weitere Erarbeitung eines nachhaltigen und auf die Bedürfnisse abgestimmten Konzeptes einflossen. Genannte Stärken waren beispielsweise die kompakte Innenstadt, der Wochenmarkt und das Parkplatzangebot, dokumentierte Schwächen der mangelnde Grünanteil, die fehlende Barrierefreiheit im Zentrum und vorhandene Brachflächen. Erste Ideen der Bürger waren zum Beispiel die Umgestaltung des Marktes zu einem Ort der Begegnung, die Aufwertung und Einbindung der Bahnstraße und eine einheitliche Gestaltung des öffentlichen Raumes. Eine vollständige Auflistung aller genannten Punkte findet sich in der Dokumentation der Veranstaltung.

Bürgerwerkstatt

Am 28.01.2020 fand die zweite Beteiligungsmöglichkeit in Form einer Bürgerwerkstatt im Ratssaal des Mechernicher Rathauses statt. Es nahmen ca. 60 Bürgerinnen und Bürger an der Veranstaltung teil. Nach einer kurzen Begrüßung und Einführung in den Abend übergab Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick die Moderation an Dr. Mehmet Çelik von der Planungsgruppe MWM. Herr Dr. Çelik gab zunächst einen Überblick über den Ablauf des Abends und stellte schließlich die Ergebnisse der Bestandserhebung, der Analysephase und der ersten Beteiligungsrunde vor. Dabei kamen die Handlungsfelder Nutzungsstruktur, Baustruktur, Grün- und Freiräume sowie Verkehr zur Sprache. Im Anschluss folgten eine Zusammenfassung in Form eines Zwischenfazits. Dabei wurde die aus den vorgestellten Ergebnissen abgeleitete Stärken-Schwächen-Analyse präsentiert und erläutert.
Zu Beginn des nächsten Programmpunktes wurden die Teilnehmer in vier Arbeitsgruppen unterteilt, welche von jeweils zwei Fachleuten angeleitet wurden. In den Gruppen konnten die Bürger ihre Wünsche, Zielvorstellungen und auch konkreteren Maßnahmenideen zu den folgenden vier Handlungsfeldern zusammentragen:

  • Freiräume und Stadtbild
  • Mobilität und Verkehr
  • Kultur und Gesellschaft
  • Handel und Dienstleistungen

Im Anschluss wurden die auf Moderationskarten gesammelten Anregungen auf einem Plan des Untersuchungsbereichs der Mechernicher Innenstadt verortet. Zur Unterstützung der Arbeitsphase lagen die Analysepläne, deren Ergebnisse zu Beginn vorgestellt wurden, sowie weiteres Kartenmaterial in den Arbeitsgruppen bereit. Eine vollständige Auflistung der Ergebnisse der Gruppenarbeitsphase ist in der Dokumentation der Bürgerwerkstatt nachzulesen. Bei der anschließenden Vorstellung der Ergebnisse der Gruppenarbeiten im Plenum wurde die Relevanz einiger Punkte unterstrichen. So schienen die Themen Gestaltung des öffentlichen Raumes, Parken, öffentliche Plätze mit Aufenthaltsqualität sowie der Mangel an (zentralen) Grünflächen für die Bürger von großer Bedeutung zu sein.
Insgesamt wurde auch in dieser zweiten Beteiligungsveranstaltung das Interesse der Bürger an einem transparenten, kooperativen sowie ziel- und dialogorientierten InHK-Prozess deutlich. Es herrschte eine rege Beteiligung und offene Diskussion, welche als Ergebnis eine solide Grundlage für die weitere Erarbeitung eines Konzeptes darstellen.

Online-Beteiligung

Zusätzlich zu den beiden beschriebenen Beteiligungsformen war für April 2020 ein Bürgerforum geplant. Dieses konnte jedoch aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht wie geplant stattfinden und wurde zunächst auf das Frühjahr 2021 verschoben. Im Bürgerforum war vorgesehen, dass Vorschläge zu Entwicklungszielen sowie beispielhafte Maßnahmen präsentiert und zur Kommentierung / Bewertung durch die Teilnehmer freigegeben werden sollten. Die Veranstaltung sollte sich in eine Poster-Ausstellung (Infomarkt) zum aktuellen Planungsstand, einen umfassenden Vortrag des Planungsbüros sowie in eine Kommentierungs- / Bewertungsmöglichkeit für die Teilnehmer über Moderationskarten sowie als Diskussionsbeitrag im Plenum gliedern.
Da eine Durchführung der Veranstaltung aufgrund der COVID-19-Pandemie in der geplanten Form nicht möglich war, wurden die Bürger stattdessen in einer öffentlichen Ratssitzung informiert. Anstelle des Bürgerforums wurde vom 14. Juni bis 11. Juli 2021 eine Online-Beteiligung durchgeführt. Ziel der Online-Beteiligung war es, trotz der COVID-19-Pandemie einen Beteiligungsprozess durchführen zu können. Dazu wurde auf der Webseite der Stadt Mechernich eine Unterseite eingerichtet, auf der sich eine interaktive Karte des Untersuchungsgebiets des InHKs befand. Basierend auf den vorherigen Beteiligungen, der Bestandsanalyse und der Konzeptentwicklung wurden bereits vor Beginn der Beteiligung 29 Projektideen auf der Karte eingetragen, die den vier Handlungsfeldern zugeordnet wurden. Einerseits konnten die vorhandenen Ideen kommentiert und bewertet werden, andererseits bestand auch die Möglichkeit weitere Projektideen zu den jeweiligen Themenfeldern zu ergänzen und mit Hilfe eines Pins auf der Karte zu verorten. Jeder Anmerkung konnte dabei ein Titel und eine ausführlichere Beschreibung als Freitextformat beigefügt werden. Auch das Hochladen von Anhängen wie bspw. Fotos oder Skizzen war möglich.
Aus rechtlichen Gründen mussten die Beiträge freigegeben werden. Sobald dies erfolgt war konnten ihn alle weiteren Teilnehmer sehen und über einen Klick auf „Gefällt mir“ oder „Gefällt mir nicht“ zustimmend oder ablehnend bewerten. Zudem bestand die Möglichkeit Kommentare zu verfassen, welche wiederum bewertet werden konnten.
Für eine statistische Auswertung am Ende der Beteiligungsdauer, um festzuhalten, welche Akteure die Möglichkeit der Online-Beteiligung in Anspruch genommen haben, erfolgte durch die Teilnehmer außerdem die Angabe von persönlichen Daten wie beispielsweise dem Alter.
Am Ende des vierwöchigen Beteiligungszeitraums sind 9 zusätzliche Ideen, 48 Kommentare, 389 zustimmende und 61 ablehnende Bewertungen eingegangen. Die interaktive Karte wurde insgesamt 248-mal aufgerufen (196 unterschiedliche Besucherinnen und Besucher). Viele der vorgeschlagenen Projektideen wurden sehr positiv bewertet. Besonders hoch war die Zustimmung bei Maßnahmen zur Reduzierung der Leerstände (23 Zustimmung, 0 Ablehnungen) sowie die Einrichtung von Mobilstationen am Bahnhof (21 / 0), am Krankenhaus (16 / 0), am Nyonsplatz (14 / 0), am Bergbaumuseum (12 / 0) und am Schulzentrum (11 / 0). Auch der Vorschlag zum Umbau des Bahnübergangs an der Weierstraße (17 / 2), die Entwicklung des ehemaligen RWZ-Geländes (19 / 1), die Auflösung der Hinterhofsituationen im Bereich der Neuen Mitte (19 / 0), die Schaffung eines großzügigen Marktplatzes (14 / 3) und die Umgestaltung und Aufwertung der Plätze Neuer Markt (14 / 1), Bleibergplatz (14 / 2) und Gartenplatz (9 / 2) erhielten große Zustimmung.

Geteilte Meinungen gab es dagegen zur Einrichtung eines Kreisverkehrs am Knotenpunkt L61 und Feytalstraße (9 Zustimmungen, 11 Ablehnungen). Hier wurde im Kommentar die Notwendigkeit der Maßnahme in Frage gestellt, da das vorhandene Verkehrsaufkommen nicht zu einer Überlastung in diesem Bereich führe. Auch die Einführung eines Programms zur Unterstützung Privater bei der Sanierung ihrer Gebäudefassaden und öffentlich einsehbarer Freiflächen („Haus- und Hofprogramm“) erhielt positive und negative Bewertungen (4 / 9). Überwiegend negativ bewertet wurde der Vorschlag zur Umnutzung des Vereinshauses im Sande (1 / 6). Hier wurde vor allem darauf hingewiesen, dass die Kita nach Möglichkeit in einem einzigen Gebäude untergebracht werden sollte und dass bestimmte im Gebäude vorhandene Nutzungen dort bestehen bleiben sollten. Als Beispiel wurden die Tafel, die eine zentrale Anlaufstelle für viele Menschen ohne Pkw sein sollte, und der Karnevalsverein genannt, der ausreichend Lagermöglichkeiten braucht.
Insgesamt konnten im Laufe der Online-Beteiligung nochmals interessante und vielseitige sowie ausführlich formulierte Beiträge gesammelt werden. Diese flossen nach Abwägung ebenfalls in das Integrierte Handlungskonzept Innenstadt Mechernich mit ein. Eine Auswertung und die komplette Auflistung aller Beiträge finden sich in der vollständigen Dokumentation der Online-Beteiligung.